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Interview Interview

Bild: privat

Interviewpartner sind Elke Oelkers (Stadt Regensburg, Projektmanagement Öko-Modellregion und Biostadt) und Julius Kuschel (Landkreis Regensburg, Projektmanagement Öko-Modellregion).

In drei Punkten: Was will das Projekt EWSLR für die Region neu denken?

Julius Kuschel: In diesem Projekt ist die Hauptaufgabe des Landkreises Regensburg, die Vermarktung bio-regionaler und regionaler Produkte mit Hilfe von innovativen Angeboten voranzutreiben. Dafür entwickeln wir unter anderem eine B2B-Plattform mit dazugehörigen Sichtbarkeitsmarktplatz. Betriebe können sich dort registrieren und in Handelsbeziehungen mit Gastronom:innen oder dem Lebensmitteleinzelhandel treten. Neben der Entwicklung technischer Voraussetzungen ist es außerdem unser Ziel, die bio-regionale Wertschöpfung neu zu denken. Dafür braucht es Expertise auf vielen unterschiedlichen Gebieten. Daher wollen wir externe Dienstleister in das Projekt einbinden, die echte Detailberatungen im produktionstechnischen Bereich anbieten können. 

Elke Oelkers: Neben der Vermarktung ist der andere große Schwerpunkt des Projekts die Verpflegung, für den die Stadt Regensburg verantwortlich zeichnet. Beides hängt eng miteinander zusammen. Denn grundsätzlich gilt: Was auf Erzeugerseite aufgebaut wird, sollte idealerweise auch in den regionalen Küchen landen und verwertet werden. In der Vergangenheit sind wir, auch aufgrund personeller Engpässe, an unsere Grenzen geraten. Das Projekt bietet nun die Chance, das Vorhaben fundierter anzugehen. Dafür erstellen wir eine IST-Analyse, in der wir uns mit qualitativer Marktforschung ein präzises Bild vom Status quo verschaffen. Darauf aufbauend wollen wir weitere Maßnahmen ableiten. Dazu gehören zum Beispiel individuelle Beratungen und Workshops. Vieles wird sich auch dynamisch entwickeln, sobald das Projekt bereits läuft. 

Mit welchen Schwerpunkten sind welche Akteure denn beteiligt?

Julius Kuschel: Wie bereits angeklungen, unterteilt sich das Projekt in die beiden Schwerpunkte Vermarktung und Verpflegung. Mein Bereich, die Vermarktung, ist aufgeteilt in verschiedene Zuständigkeitsbereiche. Wir wollen neues Fachpersonal für den B2B-Marktplatz und die Plattform einsetzen, eine Wertschöpfungsketten-Spezialberatung anbieten und im Bereich Kommunikation und Evaluation die Betriebe unterstützen. Eine weitere technische Innovation, um Lebensmittelabfälle zu reduzieren, sind sogenannte „Foodscanner“. Dabei scannt ein Sensor den Inhalt einer Mülltonne nach sämtlichen Lebensmitteln. Der Sensor ist mit einer Waage verbunden. So lässt sich ermitteln, wie viel von einzelnen Lebensmitteln entsorgt wurde. Kantinen, Krankenhäuser oder andere öffentliche Einrichtungen können dadurch genau nachvollziehen, an welchen Wochentagen welche Art von Lebensmittel in welchem Umfang weggeworfen wird. Stellt sich zum Beispiel heraus, dass montags immer besonders viele Tomaten im Müll landen, kann die Küche das für ihre Planung berücksichtigen. 

Elke Oelkers: Die Stadt zeichnet für die Außer-Haus-Verpflegung verantwortlich. Neben der IST-Analyse liegt unser Schwerpunkt auf verschiedenen Beratungs- und Informationsformaten: Speed-Datings, Exkursionen, Workshops oder Kommunikationsmitteln. Das haben wir bereits in der Vergangenheit getan, doch da lag der Fokus auf bestimmten städtischen Einrichtungen, die eine Bio-Quote zu erfüllen hatten. Der Kreis war also noch recht klein. Ziel ist es jetzt, weitere Einrichtungen von freien Trägern oder aus dem Landkreis zu erreichen. 

Was sind die größten Herausforderungen für das Projekt?

Julius Kuschel: Wir müssen Menschen finden, die die Kapazitäten haben, an dem Projekt aktiv mitzudenken und sich einzubringen. Viele der Akteure entlang der Wertschöpfungskette sind zertifizierungsmüde. Die Bürokratie verlangt den Betrieben einiges ab, sei es in der Landwirtschaft oder in der Gastronomie. Mit dem Projekt hoffen wir, positive Anreize zu schaffen, um neue Akteure für unser Projektvorhaben zu gewinnen.

Damit die Ernährungswende gelingt, braucht es außerdem einen gemeinsamen, verbindenden Ansatz. Wir müssen es schaffen die Schnittmengen zwischen verschiedenen Bewirtschaftungssystemen herauszuarbeiten und nicht trennend zu agieren. 

Was sind nächste konkrete Schritte?

Elke Oelkers: Unser erster Schritt wird die Personalsuche sein. Wir von der Stadt beginnen dann mit der Analyse-Phase. Wir werden Tiefeninterviews mit Verantwortlichen für die Küche und die Verwaltung führen. Angedacht sind außerdem Gruppendiskussionen mit den Küchenteams, Workshops an weiterführenden Schulen und Zufriedenheitsbefragungen von Tischgästen. 

Julius Kuschel: Auf Seiten der Vermarktung werden wir eng mit externen Dienstleistern zusammenarbeiten, die ihre Kompetenzen in das Projekt einbringen. Bevor es richtig losgeht, gilt es also auszuloten, an welche Unternehmen wir welche Aufträge vergeben. 

Wie soll euer Modell für andere Regionen umsetzbar werden?

Elke Oelkers: Wir wollen, dass die Erkenntnisse, die wir im Laufe des Projekts sammeln, nicht allein der Region Regensburg dienen, sondern darüber hinaus Wirkung entfalten. Das beginnt schon bei der IST-Analyse, in der nach Einrichtungstypen, wie Krankenhaus oder Kita, unterschieden wird. Durch diese Vergleichbarkeit lassen sich allgemeingültige Aussagen treffen, auch wenn regionale Besonderheiten natürlich weiterhin eine wichtige Rolle spielen. 

Insgesamt soll bei der Dokumentation aller Projektabschnitte darauf geachtet werden, durch Abstraktion und Verallgemeinerung der Ergebnisse sowie der wesentlichen Erfolgsfaktoren eine Übertragbarkeit auf andere Regionen möglich zu machen.