Hier beginnt der Hauptinhalt dieser Seite

Interview Interview

Bild: privat

Interviewpartner ist Jan Kohlmüller (Koordination des Aufbaus eines Kompetenzzentrums für nachhaltige Ernährung im Referat 35 - Regionale und ökologische Landwirtschaft im Haus der Senatorin für Umwelt, Klima und Wissenschaft)

Ihr möchtet gemeinsam die Ernährungswende in Bremen gestalten. Wie kam es zu diesem Projekt?

In unserem Zwei-Städte-Staat Bremen ist fast jede dritte Person von Armut betroffen. Wir haben eine hohe Arbeitslosigkeit und viele deprivierte und armutsbedrohte Stadtteile. Damit sind viele Nöte verbunden, auch hinsichtlich der Ernährung. Und obwohl sich bereits verschiedene Akteure und Initiativen für eine nachhaltige Ernährungsumgebung einsetzen, fehlt es an dauerhaften Strukturen und einer effektiven Vernetzung und Koordination zwischen den Beteiligten. Um das zu ändern, haben wir uns zum Projekt „Gemeinsam Ernährungswende gestalten“ zusammengeschlossen. 

Welche Akteure sind an dem Projekt beteiligt und mit welchen Schwerpunkten beschäftigen sie sich? 

Zu unserem Netzwerk gehört das Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS), das vor allem die wissenschaftliche Grundlage liefert und das Projekt mit Forschung und Analysen zur Gesundheitsförderung begleitet. Die Volkshochschule Bremen (VHS) trägt durch verschiedene Bildungsangebote dazu bei, das Bewusstsein für gesunde und nachhaltige Ernährung in der Außer-Haus-Versorgung zu stärken. Die Verbraucherzentrale ist vor allem zuständig für das Thema Lebensmittelverschwendung. Und der MOIN! Ernährungsrat für Bremerhaven, das Cuxland und Umzu e.V. legt seinen Schwerpunkt auf die partizipative Gestaltung der Ernährungsumgebung, zum Beispiel durch Casual-Learning-Tools oder den Aufbau einer Plattform zur Vernetzung entlang der Wertschöpfungskette. Wir von BioStadt Bremen koordinieren das Projekt, sind für das Qualitätsmanagement und das externe Anforderungsmanagement zuständig und werden uns auch darum kümmern, die Ergebnisse publik zu machen. 

Was will das Projekt für Bremen neu denken?

Das Projekt will für Bremen neue Ansätze im Bereich der nachhaltigen Ernährung entwickeln, indem es die Zusammenarbeit optimiert. Anstatt isoliert zu agieren, werden die Beteiligten in einem gemeinsamen Netzwerk eng kooperieren. Wir möchten dauerhafte Strukturen schaffen, um Synergien besser zu nutzen und Aktivitäten effizienter zu gestalten. 

Was sind die größten Herausforderungen für das Projekt?

Die größten Herausforderungen für das Projekt sind die fehlende systematische Vernetzung und die begrenzten ressortübergreifenden Strukturen in Bremen und Bremerhaven. Leider gibt es für das Thema Ernährung nicht in jeder Institution ausreichend Kapazitäten und Ressourcen – manchmal gibt es schlicht keine Personen, die für die Thematik verantwortlich ist. Eine weitere Herausforderung ist die Heterogenität aller Beteiligten. Sowohl hinsichtlich des Wissensstandes als auch zum Beispiel bezüglich der Ausstattung von Küchen oder dem Vorhandensein von Lagerräumen. Wir müssen also sehr individuelle Lösungen finden. Außerdem gab es bisher oft keine Kontrolle der Qualitätsstandards. Ein Problem, denn was nicht gemessen wird, können wir nur schwer managen. Und nicht zuletzt ist auch für uns der Fachkräftemangel eine Herausforderung. 

Welche konkreten Schritte folgen als Nächstes?

Zunächst wird es darum gehen, dass wir als Team ein gemeinsames Leitbild entwickeln und sicherstellen, dass wir einen guten Informationsfluss finden und wirklich konstruktiv zusammenarbeiten. Dann werden alle Beteiligten direkt mit der Umsetzung der geplanten Maßnahmen beginnen. 

Wie soll das Modell für andere Regionen umsetzbar werden?

In einem frei zugänglichen Transferkonzept möchten wir bewährte Methoden und Erfahrungen dokumentieren. Außerdem werden wir alles, was wir im Projekt erarbeiteten, multimedial aufbereiten und dauerhaft im Internet präsentieren, sodass alle von unseren Ergebnissen profitieren können. Noch mehr Austausch möchten wir durch die Teilnahme an Veranstaltungen oder durch Netzwerke, wie etwa dem europäischen Bio-Städte-Netzwerk, erreichen. Unsere Erfolgsgeschichte soll Menschen in anderen Regionen motivieren, das Modell aufzugreifen, um ebenfalls einen positiven Wandel im Bereich der nachhaltigen Ernährung zu erreichen.