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Interviewpartnerin ist Eva Coydon, die Geschäftsführerin des Ernährungsrats Freiburg und Region.
Das Projekt trägt den Titel „KANNtine“ – das klingt nach einem Versprechen. Was genau soll dieser Name aussagen?
Das Wortspiel weist darauf hin, dass eine Kantine viel mehr sein kann als ein Ort, an dem man isst. Sie kann ganz viel sein! Wir wünschen uns, dass die Menschen an Orten der Gemeinschaftsverpflegung neue Verpflegungskonzepte ausprobieren und eine neue, nachhaltigere Art des Essens kennenlernen können. Wir sind überzeugt, dass Kantinen, in denen zum Teil täglich mehrere tausend Mahlzeiten serviert werden, echte Veränderungen bewirken können. Zum Beispiel, weil sie regionalen Landwirten durch eine Zusammenarbeit Absatzsicherheit geben würde.
Welche Akteure sind an dem Projekt beteiligt und mit welchen Schwerpunkten beschäftigen sie sich?
Das Projekt „KANNtine“ ist ein Verbundprojekt. Sozusagen ein Knotenpunkt, an dem mehrere Akteure zusammenkommen, um gemeinsam an der Ernährungswende zu arbeiten. Ich gehöre zum Ernährungsrat Freiburg, wir übernehmen im Projekt die Gesamtkoordination, die Öffentlichkeitsarbeit und den Aufbau eines Beratungsmoduls, mit dem wir Mitarbeitende von Großküchen dabei unterstützen möchten, ihr Angebot auf nachhaltigere und regionale Lebensmittel umzustellen. Der Badische Landwirtschaftliche Hauptverband kümmert sich um den Aufbau der Wertschöpfungskette und zusammen mit dem Start-up nearbuy um die Weiterentwicklung eines digitalen Werkzeugs. Dieses heißt ebenfalls „nearbuy“ – und der Name sagt auch schon, was es kann: Es bietet einen Überblick über regional verfügbare Lebensmittel und bringt herstellende und verarbeitende Betriebe zusammen. Die Universität Freiburg führt Workshops mit den Kommunen durch. Die Kommunen sollen befähigt werden, ihre Nachfragekraft im Sinne der Nachhaltigkeit zu nutzen. Damit sie bei Ausschreibungen für Kantinenbewirtschaftungen zum Beispiel Wert darauf legen, dass Lebensmittel aus der Region verwendet werden. Außerdem sind die Bio-Musterregionen Freiburg und Baden+ und die Städte Freiburg und Offenburg als kommunale Partner von Anfang an mit an Bord.
Was will das Projekt für die Region neu denken?
Wir möchten die Gemeinschaftsverpflegung als Hebel nutzen, um die Ernährungswende in der Region voranzubringen. Das besondere und neue am Projekt „KANNtine“ ist die enge Kooperation zwischen Kommunen, Beratung und Wertschöpfungskette, alle ziehen an einem Strang. Der Austausch oder auch unsere Beratungen werden unter anderem im künftigen „Kompetenzzentrum Ernährung und AgriKultur“ stattfinden, welches der Ernährungsrat gerade aufbaut. Dort sollen Fortbildungen für Profis, aber auch Kochkurse für Privatpersonen stattfinden, es wird eine Ausprobierküche für Start-ups aus der Ernährungsbranche geben und es soll Raum zum Austausch sein. Mit diesem Gemeinschaftssinn passt es wunderbar zum Projekt „KANNtine“.
Was sind die größten Herausforderungen für das Projekt?
Es wird sicher nicht leicht, die richtigen Ansprechpersonen in den Kommunen zu finden. Wir brauchen dort aufgeschlossene Menschen, die den Sinn des Projekts erkennen und die motiviert sind, Dinge neu, anders und besser zu machen. Außerdem müssen wir die Großküchen dafür gewinnen, sich auf die Umstellung einzulassen. Auch die klein strukturierte Landwirtschaft in unserer Region, die mit den Preisen von großflächigem EU-Bio konkurrieren muss, stellt eine Herausforderung dar.
Welche konkreten Schritte folgen als Nächstes?
Im ersten Schritt müssen wir die Einzelheiten unserer Zusammenarbeit besprechen. Aber dann werden wir zügig in die Umsetzung gehen. Schon bald soll die Auftaktveranstaltung für das digitale Tool für die regionale Lebensmittelversorgung stattfinden. Wir vom Ernährungsrat werden mit der Entwicklung des Beratungsmoduls starten und eine Projekthomepage erstellen. Der erste Workshop für Kommunen wird dann nach der ersten Anlaufzeit stattfinden.
Wie soll das Modell für andere Regionen umsetzbar werden?
Für das Beratungsmodul wird es einen Leitfaden geben, der auch in anderen Regionen genutzt werden kann. Zudem erstellen wir ein Praxishandbuch mit den kommunalen Instrumenten, das sowohl gedruckt als auch als Open-Access-Dokument zur Verfügung gestellt wird. Diese Instrumente sind unabhängig von der Region und auf jede Kommune in Deutschland übertragbar. Auch „nearbuy“ ist nicht auf unsere Region beschränkt, sondern eine Plattform, die überregional genutzt werden kann.